Predigt zu Ostern 2020

Der «ungläubige» Thomas

von Helmut Eisinger

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes will ich diese Besinnung beginnen. Amen

Der Herr ist auferstanden – der Herr ist wahrhaftig auferstanden!

Auch wenn wir uns heute diese Worte nicht persönlich zurufen können, rufe ich euch den Ostergruss zu: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

Zum Einstieg zitiere ich 2 Strophen vom Lied 290 ( Friedrich von Bodelschwingh)

Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann von Golgata
der in bittern Todesschmerzen das Geheimnis Gottes sah
das Geheimnis des Gerichtes über aller Menschen Schuld
das Geheimnis neuen Lichtes aus des Vaters ewger Huld

Doch ob tausend Todesnächte liegen über Golgata,
ob der Hölle Lügenmächte triumphieren fern und nah
dennoch dringt als Überwinder Christus durch des Sterbens Tor
und die sonst des Todes Kinder, führt zum Leben er empor.

Der Predigttext steht in Johannes 20, 1-29

Ostern, die Auferstehung Jesu von den Toten, ist eigentlich das wichtigste christliche Fest, sozusagen die Vollendung dessen, das begonnen hat mit Weihnachten: euch ist heute der Heiland geboren, aber ein Heiland, der als armes Baby zur Welt kam, erst heranwachsen musste, ca. 30 Jahre auf Erden lebte, die damalige jüdische Glaubenstradition gehörig auf den Kopf stellte, von einem ihm sehr nahestehenden Mann, seinem Kassier, den Pharisäern und Schriftgelehrten zur Gefangennahme verraten wurde. Diese Religionsführer wollten Jesus aus dem Weg haben, da er ihr persönlich entwickeltes Glaubensbild gehörig aus den Fugen warf.

Was war also naheliegender, als ihm Gotteslästerung anzuhaften? Auf Biegen und Brechen wurden Argumente zur Festigung dieser These gesucht. Trotz zweifelhaften Aussagen und Falschaussagen wurde geschrien: Kreuzige ihn, kreuzige ihn. Das Volk, welches vermutlich Tage vorher Hosianna gerufen hat, wurde nun aufgewiegelt, «kreuzige ihn» zu schreien. Es muss tumultartig zu- und hergegangen sein, sodass die römische Besatzung Angst hatte, dass das Ganze in einen Volksaufstand/ Bürgerkrieg ausarten könnte und den Religionsführern in ihrem Sinn stattgegeben haben, damit Ruhe und Ordnung einkehrt. Obwohl die Römer klar merkten, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zu- und herging.

Und es funktionierte. Jesus, der Sohn Gottes, wurde gekreuzigt. Die Situation war gerettet. Ein Kapitel abgeschlossen, die Möglichkeit für die Religionsführer, sich wieder dem Alltag zuzuwenden. Soweit, so gut.

Und die Jünger? Eigentlich wussten sie, dass Jesus der Messias ist. Da muss doch mit der Kreuzigung Jesu mindestens ihre ganze Welt, wenn nicht gerade das ganze Universum zusammengefallen sein. Der Hoffnungsträger par excellence hängt am Kreuz. Aber mit dieser ausserordentlich prekären Situation (der Sohn Gottes wurde gekreuzigt. Das muss man sich einmal vorstellen) ist die Geschichte nicht zu Ende. Nein, es geht weiter. Nach Karfreitag wird Ostern. Obwohl das die Religionsführer vorbeugend verhindern wollten. Vorsorglich wurden am Grab Wachen aufgestellt. Man könnte ja den Leichnam stehlen, und somit der Aussage Jesu, nach 3 Tagen wieder aufzuerstehen, nachhelfen. Aber auch das half nichts. Am Ostermorgen war der Stein weggerollt, und Jesus nicht mehr im Grab. Das war schon wieder ein Schock, besonders für die Frauen, die den Leichnam nach der jüdischen Tradition einsalben wollten.

Maria war ganz verzweifelt, auch Johannes und Petrus wussten nicht so recht, was mit der Situation anzufangen sei. Joh.20, 9: denn bis dahin hatten sie die Aussage der Schrift nicht verstanden….Bis ihnen Jesus selber begegnet. Da dämmerte es ihnen so langsam, was da geschehen ist.

Thomas war aber nicht dabei. Als er von den anderen Jüngern erfährt, dass Jesus auferstanden sei, glaubt er ihnen nicht. Vielleicht denkt er, es ist ein schlechter Aprilscherz, oder sie wollen ihm einen Bären aufbinden, auf alle Fälle beharrt er darauf, die Sache selber zu analysieren. Er will zuerst Jesus selber sehen, und dann kann er es glauben. Eigentlich ist die Reaktion nichts Anderes als menschlich. Man könnte schon bald sagen: Thomas wirkt abgeklärt, er hat die ausserordentliche Situation im Griff, er kann damit umgehen, er geht die Sache sachlich an, er hat einen objektiven Blick, schon fast ein wenig wissenschaftlich orientiert. Er will zuerst die Hände in die Wunden legen. Der «ungläubige« Thomas, wie er oft genannt wird, aber sind wir nicht manchmal auch so? Wir sind doch intelligent, gebildet, können uns über unmögliches und unvorstellbares im Internet oder sonst wo informieren. Aber etwas glauben?

Wir haben ja die Jahreslosung zu unserem Semesterthema gemacht:
Ich glaube, hilf meinem Unglauben (Markus 9,24)
Das passt ganz gut zu dieser Situation von der Auferstehung. Das müssen wir glauben mit Gottes Hilfe.

Wir scheinen ja eine aufgeklärte und abgeklärte Generation zu sein. Aber den Glauben können wir nicht ersetzen. Den Geist Jesu finden wir nicht primär im Internet. Natürlich können wir durch gewisse Artikel oder Aussagen inspiriert werden, aber Gottes Geist wirkt direkt zu uns. Für das braucht es kein Handy oder Laptop. Den Glauben können wir auch nicht über die Medien finden. Das ist und bleibt eine direkte Verbindung zwischen Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist zu uns Jesus sagt zu Thomas, und ich glaube, das sagt er vor allem uns: Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Gesegnet sind die, die mich nicht sehen und dennoch glauben (Joh.20,29). Und das ist auch unser Bekenntnis: wir glauben an den auferstandenen Christus. Wir glauben an Christus, der um unserer Sünde willen das Blut auf Golgatha vergossen hat und einen Tod wie einen Mörder ertragen hat, um unsere Schuld auf sich zu nehmen, damit wir durch ihn Vergebung unserer bewussten und unbewussten Sünden erfahren dürfen. Aber es ist nicht beim Tod geblieben. Jesus lebt, unser Messias unser Christus lebt. Er ist am Ostermorgen von den Toten auferstanden.

«Der Herr ist auferstanden, der Herr ist wahrhaftig auferstanden»

Und er ist selbst da in der heutigen Zeit des Corona Virus. Einige unserer Mitbürger trifft das sehr schwer. Tod von geliebten Menschen, mangelnde Trauerzeit und Abschiednehmen, Angst um Job und Existenz, etc. Auch wir können uns nicht mehr live in der Kapelle treffen. Und unter Christen ist diese Situation auch nicht normal. Der gemeinschaftliche Aspekt ist auf Eis gelegt. Aber wir können für einander beten, uns schreiben, oder anrufen. Denkt besonders an die älteren Gemeindemitglieder. Vielleicht könnten wir einen lieben Ostergruss schicken/telefonieren?

Ich schliesse diese Besinnung mit einem Auszug aus Lied 307 ab:

Seele, dein Heiland ist frei von den Banden,
glorreich und herrlich vom Tode erstanden
Freue dich Seele, die Hölle erbebt:
Jesus, dein Heiland ist Sieger und lebt

Freue dich, Seele, der Hölle Macht lieget;
Sünde und Satan und Tod sind besieget.
Der im Triumphe dem Grab sich erhebt:
Jesus, dein Heiland ist Sieger und lebt.

Hoffe, o Seele, auch du wirst erstehen,
wirst ihn verkläret, den Herrlichen, sehen,
wie er die Palme des Sieges dir gibt,
so du ihn treu und von Herzen geliebt.

( Ignatius Heinrich von Wessenberg)

Wir beten:

Herr, unser Gott, wir danken dir, dass du den Leidensweg ans Kreuz gegangen bist, und damit unsere Sünden auf dich genommen hast, dass du von den Toten wieder auferstanden bist, dessen wir am heutigen Ostertag gedenken. Danke, dass du den Tod überwunden hast. Hilf uns, diese frohmachende und freimachende Botschaft unseren Mitbürger zur passenden Zeit weiterzusagen. Ich bitte dich für jedes einzelne Gemeindemitglied. Du mögest jede und jeden begleiten und bewahren und behüten. Besonders die Älteren und Betagten möchte ich dir anbefehlen. Schenke ihnen auch in dieser schwierigen Zeit der Einsamkeit den Hoffnungsschimmer von Ostern. Ich bitte dich auch für unser ganzes Land, für Europa und die ganze Welt. Erbarme dich unser und schenke den Regierenden Weisheit, die richtigen Entscheide in der aktuellen Situation zu fällen. Ganz besonders denke ich auch an das ganze Pflegepersonal, welches im Moment sehr gefordert ist. Gib du Kraft, Mut, und Hoffnung. Auch an die Ärmsten und Flüchtlinge denke ich. Erbarm du dich und zeige uns und allen Verantwortlichen realisierbare Lösungen, wo wir uns machtlos vorkommen.

Wir beten gemeinsam:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser täglich Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen

Zum Schluss möchte ich euch noch einen Segen mitgeben:

Gott umarme dich und fülle dich mit seiner Liebe.
Gott trage dich über die Berge, die dir Angst machen.
Gott führe dich auf steinigen Wegen, ohne dass du Anstoss nimmst.
Gott schütze dich vor Gefahren und Feinden- innerhalb und ausserhalb von dir.
Gott berühre dich gerade dann, wenn es niemand sonst tut.
Gott spreche dir heilende Worte zu, die auch in deinen tiefsten Abgründen wirken.
Gott umarme dich und überschütte dich mit seinem Segen.

(Sabine Herold)

Ich wünsche euch eine gute Woche, blibet gsung.

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