Sonntag, 4. Advent – 20. Dezember 2020

Für diesen Sonntag, 20. Dezember, hatte Aline Liechti, Mitarbeiterin der Gemeinde Moron und wohnhaft in Tavannes, zugesagt, in der Kapelle La Chaux-d’Abel die Predigt zu halten. Völlig unerwartet ist Aline jedoch in der Nacht auf Freitag und mit nur 31 Lebensjahren gestorben. Noch ist die genaue Todesursache nicht bekannt. Wir denken in Stille und in der Fürbitte an die Familie und Angehörigen von Aline, insbesondere ihre Eltern, Marianne und Werner Liechti, sowie ihre Mitbewohnerinnen, Mélanie aus unserer Gemeinde und ihre Cousine. Möge das helle Weihnachtslicht sie in dieser dunklen Zeit und in ihrem tiefen und grossen Schmerz mit Wärme umgeben und trösten.

Die Texte zum Sonntag passen gut in diese Zeit wo sanitär bedingte Einschränkungen, Krankheit und Tod uns begegnen und herausfordern.

Die Kantate zum heutigen Sonntag vermittelt Zuversicht und einen ermugienden Aufruf im Hinblick auf Weihnachten. BWV 132 Bereitet die Wege, bereitet die Bahn. Bernardini – Netherlands Bach Society (YouTube)

Jesaja 42, 1 – 9

Siehe, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Nationen das Recht. 2 Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Gasse erschallen. 3 Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus; ja, er bringt wirklich das Recht. 4 Er verglimmt nicht und wird nicht geknickt, bis er auf der Erde das Recht begründet hat. Auf seine Weisung warten die Inseln. 5 So spricht Gott, der HERR, der den Himmel erschaffen und ausgespannt hat, der die Erde gemacht hat und alles, was auf ihr wächst, der dem Volk auf ihr Atem gibt und Geist allen, die auf ihr gehen. 6 Ich, der HERR, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen, ich fasse dich an der Hand. Ich schaffe und mache dich zum Bund mit dem Volk, zum Licht der Nationen, 7 um blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und die im Dunkel sitzen, aus der Haft. 8 Ich bin der HERR, das ist mein Name; ich überlasse die Ehre, die mir gebührt, keinem andern, meinen Ruhm nicht den Götzen. 9 Siehe, das Frühere ist eingetroffen, Neues kündige ich an. Noch ehe es zum Vorschein kommt, mache ich es euch bekannt.

Ich finde diesen Text jedesmal, wenn er mir entgegen kommt, erstaunlich und wohltuend. Das Lied vom Gottesknecht, welcher nicht Sklave ist sondern Freund, und sicher kein Herrscher wie die Welt sie kennt an ihrem Schreien und Poltern, sondern Diener zum Wohl der Unterdrückten und Armen, dieses Lied ist das neue Lied, welches von Befreiung singt und von Gerechtigkeit. Die Verheissung, welche auf diesem «Knecht» ruht, dem Christus, welcher laut Johannes von Anfang der Schöpfung war, sie ruht nach Aussage von Jesus auch auf denen, welche sich auf die Einladung einlassen: «Gleich wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch«. In der Tat, Gott ruft aus Gerechtigkeit, Befreit aus Liebe und Barmherzigkeit, und vergibt aus Gnade. Der Prophet Jesaja sagt, dass er dieses Neue ankündigt, bevor es zum Vorschein kommt. Jesus wird später sagen, dass es nun da sein und damit das Reich Gottes anbreche. Wir befinden uns also trotz und mit unserer Begrenztheit und Verletzlichkeit in einer Zeit, wo das Licht sichtbar, die Gerechtigkeit praktisch und die Befreiung erfahrbar wird. Corona, Tod und Unrecht sind zwar real, aber sie haben nicht das letzte Wort. Sie werfen Schatten, lange und schmerzliche Schatten, aber das grosse Licht von Weihnachten, es brennt und nimmt zu.

Philipper 4, 4 – 7

Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! 5 Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. 6 Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! 7 Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.

Die Texte zum Sonntag, 4. Advent, letzter Sonntag vor Weihnachten, vermitteln Zuversicht, Hoffnung und eine Vision für heute und für die Zukunft. Gott, Schöpfer und Ewiger, ruft aus Liebe und auf Gerechtigkeit hin. Der Aufruf im Philipperbrief zur Freude mag in der jetzigen Situation schräg daher kommen. Uns ist nicht nach Freude zumute, je nachdem was uns widerfahren ist und an was für einem Abgrund wir stehen. Wie dem auch sei, der Friede Gottes, seine weihnachtliche Nähe und seine Güte, welche sich in uns Menschen spiegeln möchte, spendet einem Jeden unter uns in einer schwierigen Zeit Mut und Kraft. Wir erfahren gerade: das Leben ist zerbrechlich und verwundbar; nichts ist selbstverständlich. Doch das Geschenk des Lichts, welches Kraft und Leben überhaupt möglich macht, ist allen Menschen zugesagt. Dies Licht vermag auch in der dunkelsten Stunde und am unerwarteten Ort aufzuleuchten, sei es noch so klein und diskret, noch so unerwartet und unerklärlich. Es setzt nur unsere Aufmerksamkeit und unsere innere Verfügbarkeit voraus.

Lukas 1, 39 – 45

In diesen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. 40 Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. 41 Und es geschah, als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. 43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. 45 Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.

Dieser Text geht direkt dem bekannten und so wohltuenden Lobgesang von Maria voraus. Dieser beschreibt das Eintreffen der Verheissung wie sie Jesaja angekündigt hat. Die Episode zweier Frauen – ja, nicht brillante und erfolgreiche Männer, sondern Frauen, welche sich zwar fragen, wer sie sind, dass sie mit solcher Herausforderung gesegnet werden – deutet darauf hin, worauf es ankommt wenn das anbrechende Licht in der Welt aufleuchtet: Es kommt auf Verfügbarkeit an und auf Bereitschaft, neue Wege zu gehen, mit dem Risiko, falsch oder nicht verstanden zu werden in einer Welt, wo anderes zählt als Liebe, Friede und Gerechtigkeit. Die Freude von Elisabet ist so gross ansteckend, dass das werdende Kind in ihrem Leib hüpft. Beide Frauen, Elisabet und Maria, stellen sich dem Licht und den neuen Wegen zur Verfügung ohne genau zu wissen, was das alles mit sich bringt und was sie selber davon haben werden. Gemeinsamer solidarischer Einsatz ist eine unbestrittene Stärke von Frauen. Davon können wir alle, und vor allem Männer, die gerne allein stark sind, viel lernen.

(Texte nach der Einheitsübersetzung, Gedanken von Hansuli Gerber)

Print Friendly, PDF & Email

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert