Einweihung der neuen Folien «Wort»

Am Sonntag, 28. August werden wir die neuen Folien auf der Nord-Ost Fassade der Kapelle einweihen. (Siehe den Artikel dazu)

Das Wort ist ein wiederkehrendes Thema in der Alttäuferkapelle von La Chaux-d’Abel. Der Vers aus Psalm 27,8 spielt für alle, die diesen Ort der Versammlung und des Gebets betreten, darauf an: «Mein Herz hält dir vor dein Wort: «Ihr sollt mein Antlitz suchen!» Darum suche ich auch, HERR dein Antlitz (Inschrift aus der alten Lutherbibel). Die Kanzel trägt die Inschrift in Holzschnitzereien, in altdeutscher Sprache: Seid Thäter des Worts!

Das Wort, um das es hier geht, ist das göttliche Wort, das Wort, welches das Licht über die Dunkelheit aufleuchten lässt und Himmel und Erde formt, das Wort, welches Leben einhaucht, belebt, tröstet und heilt, das Wort, das niemals vergehen wird. Dieses Wort unterscheidet sich von den menschlichen Worten, die plaudern, scherzen, schmeicheln, verletzen, wohltun, aber kein Leben schaffen können.

Dieses Wort hat menschliche Gestalt angenommen, die sich als die fleischgewordene göttliche Menschheit erweist, als Konkretisierung der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit, die den Frieden ermöglicht. Es liegt an uns Menschen und verschiedenen Gemeinschaften, dieses Wort zu leben und es in einer zerrissenen und selbstzerstörerischen Welt in die Tat umzusetzen.

Buchvernissage «sie sind von uns ausgegangen…»

Zwingli mit Spätfolgen bis in den Jurabogen – in Geschichtstafeln nacherzählt

Jean-Pierre Gerber / Ulrich J. Gerber

Die bewegten Wege des Reformators Huldrych Zwingli aus einer mehr als ungewöhnlichen Sicht: Eine fiktive Erzählerin – körperlich schwer gezeichnet – wurde ausgewählt, um eine Geschichte über die Jahrhunderte zu erzählen. In bebilderten Geschichtstafeln werden die Ereignisse zu Reformation und Täufertum nacherzählt.

Kapelle La Chaux-d’Abel, Freitag, 25. März 2022, 20 Uhr

Gerechtigkeit, Friede, Gewalt

Bibeltage mit Pfarrerin Simon Brandt am Freitag, 26. und Samstag 27. November um 20 Uhr, Sonntag, 28. November um 10 Uhr.

Diesem grossen und komplexen Thema wenden wir uns gegen Jahresende zu. Unsere Themenwahl war inspiriert vom ökumenischen Pilgerweg für Frieden und Gerechtigkeit. Dieser wurde 2013 von der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan, Südkorea in Gang gesetzt als Folgeprogramm der Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001 – 2010).

Für einige scheinen Frieden und Gerechtigkeit zum Vornherein unerreichbar. Für andere sind sie ein wesentlicher oder gar vorrangiger Auftrag des Glaubens. Jedenfalls kommen wir nicht darum herum, uns mit diesen Themen auseinander zu setzen.

Sonntag nach Ostern

1. Sonntag nach Ostern 1. Petrus 2, 2-10

Mit euch wird ein Haus gebaut, das die Geistkraft selbst zusammenhält
1.
Petrus 2, 2-10

Predigt von Dorothea Loosli-Amstutz

Wir feiern heute den ersten Sonntag nach Ostern. In vielen Kirchen wird an diesem Sonntag als Eingang das «Quasi modo geniti» gelesen: «Wie neugeborene Kinder, Halleluja, verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, Halleluja». Dieser Text erinnert an den Beginn eines neuen Lebens in Jesus Christus nach dem Osterfest. Gibt uns diese Begebenheit die Sicherheit in unserem Alltag, die wir so dringend benötigen? So viele Menschen haben Angst vor Veränderungen, so als wäre das, wie es ist und war, schon das Paradies.

Im Refrain von «Irgendetwas bleibt» der Band Silbermond wird folgender Wunsch an den oder die Liebste ausgedrückt:

«Gib mir ’n kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt, in der nichts sicher scheint
Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas, das bleibt Gib mir einfach nur ’n bisschen Halt
Und wieg mich einfach nur in Sicherheit
Hol mich aus dieser schnellen Zeit
Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit
Gib mir was, irgendwas, das bleibt.»

Ein Liebeslied, in dem viele Fragen gestellt werden, wie sie unzählige Liebespaare kennen. Ich erkenne die gleichen Fragen wieder in meiner Glaubensgeschichte: Worauf kann ich mich verlassen? Was bleibt, wenn die Welt den Verstand verliert – bleibt das, was du sagst? Ich glaube meinem Gott und kann es gleichzeitig nur schwer glauben, frage nach, suche nach Gewiss- und Sicherheiten.

So ähnlich ist es vermutlich schon vor über 2000 Jahren der jungen Gemeinde in Kleinasien, der heutigen Türkei gegangen. Mit dem Wissen der Thora und der Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit suchten die Juden ebenso nach Gewissheit und Halt im Leben und sie waren davon überzeugt, dass Jesus der von Gott Gesandte ist. Sie lebten von dem, was sie von ihm hörten. Sie waren nicht viele, einzelne kleine zerstreute Gemeinden im grossen Land – mit einem Mal wurden sie zu Aussenseitern. Sie kamen in Verruf, als Traumtänzer, die einem Gekreuzigten nachfolgen. Naive, die an Auferstehung glauben; Weltfremde, die sich auf die Worte eines irdischen Gottes verlassen; Verräter des römischen Kaisers. Die Kritik nagt, breitet sich aus, verunsichert: Haben die nicht doch eigentlich recht, die sagen, dass in der Welt andere Massstäbe gelten? Was wollt ihr mit eurem Christentum? Aus den Verrufenen werden nach und nach Verfolgte, es wird handgreiflich, tödlich. Die Kaiser Nero und Diokletian treiben die ersten Jahrhunderte ein grausames Spiel mit den Christen.

In dieser ausweglosen Situation erhalten die Gemeinden in Kleinasien einen Brief im Namen des Apostel Petrus, indem er erklärt und Rat gibt:

«Wie Neugeborene nach Milch verlangen, so sollt auch ihr nach Milch, nach unverfälschten Worten, verlangen. Solche Nahrung soll euch stark machen, damit ihr Heil und Rettung erfahrt. Ihr habt doch geschmeckt, dass Gott freundlich ist.

Wenn ihr zu dem lebenden Stein kommt, den die Menschen weggeworfen haben, der vor Gott aber auserwählt und wertvoll ist, werdet ihr selbst wie lebendige Steine. Mit euch wird ein Haus gebaut, das die Geistkraft selbst zusammenhält. Ihr werdet zu einer heiligen Priesterschaft, damit ihr Gaben darbringt, die die Geistkraft wirkt, die Gott gefallen, weil sie im Vertrauen auf Jesus Christus dargebracht wurden. Deswegen heißt es in der Schrift: Siehe, ich setze in Zion einen Eckstein, erwählt und wertvoll, und wer ihm vertraut, wird nicht verloren gehen. Ihr vertraut ihm, für euch ist er das Wertvollste. Für die aber, die ihm nicht vertrauen, ist er der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein geworden ist, ein Stein, an dem sie sich stoßen, und ein Fels, der Anlass gibt, sich zu ärgern. Der Eckstein Jesus Christus.» ( 1. Petrus 2, 2-10, Bibel in gerechter Sprache)

Der Schreiber des Briefes weiss um die Ängste seiner Gemeinde: Ihr seid noch wie Babys im Glauben und müsst wachsen wie Kinder. Was ihr dazu braucht findet ihr im Wort Gottes. Klar, die anderen verstehen euch nicht. Der Schreiber erklärt die Situation mit dem alten Bild vom Eckstein. Dabei kann man vor dem inneren Auge plastisch sehen, wie das wertvolle stabile Gebäude in Zion entsteht, doch kaum freut man sich, zerbricht das Bild – die Bauleute haben den Stein verworfen. Das ist die kürzeste Zusammenfassung der Passionsgeschichte.

Jesus Christus der Eckstein, der von den damaligen Religionsführern ausgemustert wurde. Er störte, den brauchte man nicht und so musste er weg. Aber seine Botschaft der Liebe konnte der Tod nicht töten. Sie breitete sich schnell aus, in Windeseile weit über die Landesgrenzen hinaus – bis heute. Das Christentum wurde zur weltweit grössten Religion in verschiedenen Konfessionen. Der damals verworfene Stein wurde trotzdem zum Eckstein.

Allerdings ist dieser Stein für viele auch heute noch ein Grund des Anstosses. Zwar denken wir in erster Linie an die Länder wo Christen explizit verfolgt werden und weniger an die Situation hier in Europa. Ja, hier ist es vielleicht eher ein nachsichtiges Lächeln, im Sinne von «Du wirst auch noch vernünftig» oder «Träum weiter». «Wer soll das bezahlen?» fragt vielleicht der empörte Politiker, wenn er auf die Not von Menschen aufmerksam gemacht wird, «das geht nicht!» Und wenn wir sanft widersprechen und sagen «Doch, das geht, wir brauchen dazu aber auch Gottvertrauen» wird er vermutlich antworten «da reicht Gottvertrauen nicht, jetzt brauchen wir Vernunft und Verstand.» Vernunft und Verstand dem Gottesvertrauen entgegen stellen? Ich denke, wenn wir das tun, vergeben wir ganz viel. Ich setze nicht auf entweder – oder, sondern auf sowohl – als – auch.

Gerade in der jetzigen Situation kann man in Gesprächen erleben, dass Menschen an diesem Vertrauen und der Hoffnung Anstoss nehmen. Das stimmt mich oft nachdenklich. Könnte es nicht doch sein, dass sie ein kleines bisschen recht haben? Bin ich in meinem Glauben zu naiv? Hilft der Glaube wirklich angesichts der drängenden Probleme der Welt: dem Klimawandel, der Pandemie, der Ausbeutung von Mensch und Tier, dem Aussterben von Insekten, Fischen und anderen Tieren und Pflanzen?

Doch, ich glaube aus vollem Herzen: Ja! Die Nachfolge und der Glaube an den jesuanischen Weg, die ich gelernt habe von meinen Eltern und vielen anderen, der macht ja nicht blind. Er braucht die Vernunft – eine enorme Gabe, die wir Menschen geschenkt bekommen haben: Intelligenz, Verstand, Denken und Liebe. Diese helfen,

die eigenen Grenzen zu erkennen. Ich weiss wie schnell ich anstosse, wie schnell ich verunsichert und ratlos bin. Aber dann kann ich sagen: Jetzt bin ich am Ende meines Lateins, aber ich vertraue auf die Weisheit der göttlichen Kraft.

«Mit euch wird ein Haus gebaut, das die Geistkraft selbst zusammenhält» Dieses Bild gefällt mir ausserordentlich und mir kommen all die mitbauenden Menschen in den Sinn. Mit ihnen fühle ich mich verbunden im Haus der lebendigen Steine, dem Haus, das Gottes Geist zusammenhält. Dieses Haus umfasst nicht nur die verfassten, organisierten Kirchen und Gemeinden. Dieses Haus ist durchlässig, geht mitten durch die Welt, steht auf sicherem Fundament mit schützendem Dach und trotzt allen Wettern.

Ein solches Haus ist auch die Demokratie: Auf dem festen Grund der Menschenrechte gebaut, mit dem schützenden Dach der Rechtsstaatlichkeit. Wie sieht der Eckstein in diesem Haus aus? Demokratie ist weder Gleichheit noch Individualismus. Demokratie ist Gemeinschaft in Solidarität. Dieses Haus erlebt zur Zeit in dieser Hinsicht wilde Stürme. Helfen wir mit, dass es ein Haus bleibt, das mitten in der Welt steht, in dem Menschen im Miteinander Gewissheit und Sicherheit finden.

Auch Kirchen und Gemeinden stelle ich mir so vor: Raum für Menschen, die nach der göttlichen Kraft und seinem Geist suchen – gleich welcher Konfession und nicht nur in Kirchenräumen. Nein, als transparentes Haus über alle Kontinente hinweg, getragen von einem besonders schönen Eckstein: der Botschaft von Frieden, Liebe und Leben für alle Menschen.

In diesem Haus erzählen die Menschen einander, was ihnen hilft um auf diesen Eckstein zu vertrauen und ihr Leben darauf bauen zu können. Die eine sagt vielleicht wie Luther «Ich bin getauft», der andere «mein Konfirmationsspruch» und wieder andere «die Musik von Johann Sebastian Bach», «das Gedeihen der Schöpfung», «die Liebe zum Mitmenschen».

Prägnante Erfahrungen, die uns tragen – wie der Eckstein das Haus.

Dorothea Loosli-Amstutz Quasimodogeniti, 11.4.21

Ostern 2021

Tödliches Spektakel und Kontemplation des neuen Lebens

Heute morgen sind wir hier zum Ostergottesdienst, und wir wiederholen den über 2000 Jahre alten Ostergruss: Christus ist auferstanden. Doch vorgestern erst war Karfreitag. Ostern ist undenkbar ohne Karfreitag. Der Auferstehung Christi geht das Leiden und Sterben Jesu voraus. Wer oder was nicht stirbt, wird nicht auferstehen. Genau so wie jemand der wach ist, nicht aufgeweckt werden kann. Aufwachen kann nur, wer schläft. Daher: Es gibt ohne Karfreitag keine Ostern.
Dieses Jahr haben wir am Karfreitag aus bekannten Gründen keine Feier durchgeführt. Deshalb feiern wir heute Ostern etwas ausdrücklicher vor dem Hintergrund dessen, was am Karfreitag geschah.

Ich habe es an Ostern 2019 gesagt: Das Kreuz mit seiner abgrundtiefen Gewalt ist die weltlich-menschliche Antwort auf das Erscheinen und Wirken von Jesus, auf die Mensch-gewordene Liebe. Das leere Grab dagegen ist die göttliche Antwort auf das grauenvolle und von Menschen verursachte Leiden am Kreuz. Einfach gesagt: Gott redet und handelt in Barmherzigkeit und der Mensch antwortet darauf mit Gewalt. Gott nimmt diese in Kauf, um darauf mit neuem Leben zu antworten. Noch kürzer: wo der Mensch tötet, da macht Gott lebendig. Gottes Allmacht zeigt sich darin, dass Gott lebendig macht, neues Leben schenkt da, wo es verloren und unmöglich scheint.

Ich lade euch nun ein, die beiden Ereignisse, Karfreitag mit der Kreuzigung Jesu, und Ostern mit dem leeren Grab, gewissermassen einander gegenüber zu stellen.

Wollten wir den beiden Ereignissen Stichworte zuordnen, welche wären das?
Karfreitag:
Angst, Verrat, Enttäuschung, Desillusion, Gewalt, Verachtung, Verleugnung, Erniedrigung, Entwürdigung, Schmerzen, Leiden, Sterben, Tod…
Ostern:
Ungewissheit, Leere, leeres Grab, Sonntagmorgen, Sonnenaufgang, Aufbruchstimmung, Freude, Begeisterung, neue Hoffnung, Erleichterung, Leben, neue Herausforderung…

Karfreitag: tödliches Spektakel

Doch laut biblischen Berichten ist der Karfreitag kein Tag der Stille und der traurigen Einkehr. Traurig schon, aber nicht besinnlich. Ganz im Gegenteil: Da wird verhandelt, gestritten, geschrien, verhört, verleugnet, geweint und geheult. Als Jesus stirbt, zieht ein ungeheuerlicher Sturm mit gewaltigem Getöse übers Land, der Vorhang des Tempels verreist ob den gewaltigen Winden und Gräber öffnen sich ob dem Erdbeben, all das in unheimlicher Verdunkelung der Sonne. Ein gewaltiges Spektakel, welches der Gewalt, welche Menschen an andern Menschen verüben in gottloser Verachtung und unverschämtem Hass, ganz und gar entspricht. Das Leiden und Sterben löste gewissermassen gewaltigen Sturm unter ungeheurem Lärm aus. Es gibt unzählige Augenzeugen dafür. Viele Zuschauer, manche, die vor dem grausamen Spiel flüchten, die Erde und das Wetter, die sich wie entsetzt aufbäumen. Die Natur bäumt sich buchstäblich auf ob dem Skandal des Kreuzes und des Todes eines unschuldigen Menschen.

In meiner Lektüre während der Passionszeit bin ich aufmerksam geworden auf Umstände, die ich mir so bisher nicht vor Augen gehalten habe. Traditionell begehen wir Karfreitag eher in Stille. Ich erinnere mich, dass meine Grossmutter uns Kinder und Jugendliche anhielt, die Musik abzustellen, vor allem wenn es moderne Musik war. Pop oder Rock war absolut unpassend und verpönt. Bis vor einigen Jahren waren am Karfreitag die Kinos geschlossen. Karfreitag war ein dunkler, still bedrückter, düsterer Tag. Suppe und wenig Worte, gedämpfte Stimmung. Schliesslich wurde Jesus an diesem Tag ans Kreuz geschlagen. Alle Hoffnungen der Jünger und vieler anderer Menschen waren damit auch zerschlagen. Oder man denke an Maria, die Mutter Jesu, die ihren Sohn am Kreuz leiden sieht… Dieser Tage findet in den USA der Prozess statt gegen Derek Chauvin, unter dessen Knie George Floyd starb. Der Umstand, dass dieser Prozess in der Karwoche stattfindet, machte mich sehr betroffen: Das Kreuz Christi steht nach wie vor aufrecht in dieser Welt. Wie viele Mütter und Väter weinen um ihre Kinder, die an Hunger, Kriegsverletzung oder Mangel an medizinischer Versorgung sterben? Von Morja bis Myanmar, von Syrien bis zu den Uiguren in China, bis nach Jemen oder in den Kongo. Karfreitag ist jeden Tag, wo Menschenleben durch Versagen, Gier, Gewalt oder politische Dummheit verderben und verloren gehen, wo die Hoffnung stirbt, wo Gottes Liebe mit Füssen getreten wird.

Ostern: stiller Aufbrung des neuen Lebens

Demgegenüber ist Ostern ein sehr stilles und gewaltfreies Ereignis, abseits von jedem Spektakel und jedem Lärm (abgesehen von Matthäus, der ausschmückt und sagt, es habe ein Erdbeben gegeben. Ja, vielleicht hat die Erde vor lauer Freude gebebt, wer weiss?). Da ist aber niemand dabei, die oder der berichten kann, was geschieht. Es gibt keine Augenzeugen, wie auf Golgotha. Die Sonne geht auf in ihrer stillen und wunderbaren Kraft, wie an jedem schönen und geruhsam feierlichen Sonntagmorgen. Die Frauen (bei Matthäus sind es die beiden Marias, bei Markus und Lukas ist noch Salome dabei, und Johannes nennt nur Maria) gehen heimlich zum Grab, welches der Aussenseiter Josef von Arimatia aus Zuneigung zur Verfügung gestellt hat. Die Wachsoldaten schlafen, die Jünger sind in ihrem Versteck und halten sich möglichst still. Da ist nichts Aufsehen Erregendes, kein Spektakel, abgesehen von der ruhigen Anwesenheit des weiss gekleideten Jünglings, im Grab, bzw. der beiden Gestalten beim Grab. Laut Johannes laufen die beiden Jünger um die Wette, sie haben es eilig, wollen wissen, das da los ist. Johannes bietet als einziger eine Erklärung: Sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er nämlich von den Toten auferstehen müsse. Dann fügt Johannes ganz lapidar an: « Da gingen die Jünger wieder heim. » Sozusagen, als wäre nichts geschehen. Der Alltag kann wieder einkehren. – Aber welcher Alltag? Was ist normal? Wie wird es sein? Fragen, die wir uns stellen für die Zeit nach der Pandemie…

Perspektive des Lebens

Letzten Winter, als die Pandemie uns wieder so richtig einholte, schien Ostern sehr weit weg. Hofften wir nicht ein wenig, dass wir dann Ostern feiern könnten bei schönem Frühlingswetter und zugleich auch die Auferstehung aus der Pandemie?
Nun sind wir hier. Wir sind am Leben und die meisten von uns gesund genug, bis in die Kapelle zu kommen um zusammen Ostern zu feiern. Diejenigen, die es nicht können, weil die Gesundheit es ihnen unmöglich macht oder weil das Risiko zu hoch ist, sehen sich natürlich mit der Frage konfrontiert: was wird aus mir? Wie soll es weitergehen? Welchen Sinn macht das für mich?

Es stimmt, vielen Menschen ist es in dieser Zeit kaum ums Feiern. Jean-Claude Guillebaud, der in der schönen Wochenzeitschrift La Vie wöchentlich eine Kolumne (bloc-notes) schreibt, beschreibt die Zeit des ersten Lockdowns mit den folgenden Worten: « Die Zeit ist geprägt von einer allgemeinen Angst und von einer dauerhaften Unordnung der Gemüter (marqué par une peur générale et un désordre durable des esprits). »

Ich fand diese Beschreibung sehr treffend: dauerhafte Unordnung der Gemüter. Ich konsultiere täglich mehrere Tageszeitungen, Wochenzeitschriften und diverse soziale Medien. Ich bin wirklich beunruhigt, nicht bloss über die Weltlage, sondern mehr noch über eine Entwicklung in unserer Gesellschaft, die zunehmend feindselig, ungeduldig, aufgebracht, und polarisiert ist. Es genügt, Äusserungen zu anstehenden Abstimmungen zu lesen. Ich höre von Menschen, die sich ernsthaft engagieren und dafür zunehmend Anfeindung erfahren. Drohbriefe nehmen stark zu. Leserbriefe in Zeitungen lese ich nicht, aber ich höre, dass immer mehr Briefe nicht veröffentlicht werden können, weil sie jenseits der gängigen Regeln sind. Egal ob wir bei guter Gesundheit sind oder nicht, müssen wir uns fragen: wie äussern wir uns? Nehmen wir Stellung und in welchem Ton tun wir es? Wie reden wir über andere? Da fällt uns die Jahreslosung ein: Seid barmherzig…

Natürlich ist das auch ein Ausdruck der von Guillebaud erwähnten allgemeinen Angst. Es ist aber Ausdruck einer tiefer sitzenden Verunsicherung und Perspektivenloskgkeit, die nicht durch Covid entstanden ist, sondern vielmehr durch Covid und die Pandemie zum Vorschein gebracht wird.

Aber da ist noch etwas, tiefer sitzendes: Die Angst und die Unordnung des Gemüts halten uns von der Kontemplation der Barmherzigkeit Gottes ab, die wie die an Ostermorgen aufgehende Sonne ist. Das war die Situation der Jünger: Sie verharrten in der Dachkammer und wären fast an Ostern vorbei gegangen, hätte sie nicht Maria aus ihrer Lähmenden Verschlossenheit geholt. Ich frage mich oft: Warum lieben die Menschen das Spektakel, welches leider oft zerstörerisch ist? Wo doch die Schöpferkraft Gottes in der Kontemplation sichtbar wird. Wachsen nicht die Sprossen der Bäume, Blumen und Gemüse in aller Stille und abseits von lärmigem Spektakel? Um es wahrzunehmen müssen wir still einhalten.

Das Leben ist und bleibt, bei aller Schönheit und gelegentlichem Glück, kompliziert und nicht selten schmerzhaft, machmal sehr schmerzhaft.

Jesus hat diese zutiefst menschliche Erfahrung gemacht. Er ist darin uns ähnlich geworden. Nun sind wir eingeladen, ihm darin ähnlich zu werden, wie er damit umging. Es gibt nichts, weder in der Bibel, noch auf dieser Welt oder in unserem Leben, das uns zeigt, wer Gott ist, ausser Jesus von Nazareth, der Gekreuzigte und Auferstandene. Durch Jesus Christus kennen wir Gott.

Ich glaube, die Gesellschaft in der Schweiz und in Europa ist durch zunehmenden materiellen Komfort an einem Punk angelangt, wo viele sich nur noch ein leichtes und angenehmes Leben wünschen und dafür auch bereit sind, alles zu zahlen, was sie können – und noch mehr. Dass dabei vor allem die Freiheit und das Wohlbefinden der Andern beeinträchtigt wird, merken sie nicht oder es ist ihnen egal. Kontemplation des Lebens ist ihnen fremd geworden, sie wollen das spektakuläre Vergnügen und immer mehr davon immer schneller.

Doch der Glaube an Christus und an Gottes Barmherzigkeit macht das Leben nicht leichter und angenehmer, aber er gibt uns eine Perspektive. Unser Leiden wählen wir in der Regel nicht aus. Jesus hat sich das Kreuz nicht ausgesucht. Er hat aber dazu ja gesagt, weil jede andere Antwort auf der Linie der Ankläger und Henker gewesen wäre und die Gewaltspirale verlängert hätte. Somit wäre sie nicht göttlich gewesen. Das meinte Jesus, als er Petrus zur Antwort gab, damals bei der Leidensankündigung: Du hast im Sinn was weltlich-menschlich ist, nicht was göttlich ist. Deshalb kann die Perspektive, die durch Ostern, bzw. durch die göttliche Schöpfungskraft, geschenkt wird, auch die eines Kreuzes sein. Sie ist auf jeden Fall aber eine Perspektive der Liebe und der Barmherzigkeit: Jesus verwünschte seine Killer nicht, er betete für sie. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, sagte er denen, die es hören mochten.

Schluss

Ostern ist der Tag oder der Moment, wo die Perspektive des Lebens inmitten eines desillusionierten Lebens und einer von Hass und Gewalt gestörten Welt neu definiert und bestätigt wird: Es kommt Licht in die Dunkelheit. Die Dunkelheit mag riesig sein, doch sie ist nicht sinnlos und sie ist nicht unendlich. Sie ist der Ort, wo sich dank dem Licht die Wahrheit erweist und eine neue Wirklichkeit entsteht. (Das ist die Erfahrung der meisten MystikerInnen)
Auf dem Weg der Auferstehung steht das Kreuz und der Kreuzesweg, welcher der Weg der Liebe und Barmherzigkeit ist und zur Auferstehung führt. Diese aber sind dem inneren Auge zugänglich, welches innehält um dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen.
Die Liebe Gottes wie sie in Christus offenbart ist, wird uns und diese Welt nie fallen lassen und nie verlassen. (Prêtre à Hérémance).


Karfreitag: Teilnehmen am Leiden Gottes im weltlichen Leben

Der christliche Mensch hat nicht wie die Gläubigen der Erlösungsmythen aus den irdischen Aufgaben und Schwierigkeiten immer noch eine letzte Ausflucht ins Ewige, sondern muss das irdische Leben wie Christus (« Mein Gott, warum hast du mich verlassen? ») ganz auskosten und nur indem er/sie das tut, ist der Gekreuzigte und Auferstandene bei ihm /bei ihr und ist er/sie mit Christus gekreuzigt und auferstanden. Das Diesseits darf nicht vorzeitig aufgehoben werden. Darin bleiben Altes und Neues Testament verbunden. Erlösungsmythen entstehen aus den menschlichen Grenzerfahrungen. Christus aber fasst den Menschen in der Mitte seines Lebens.
Gott lässt sich aus der Welt heraus drängen ans Kreuz, Gott ist ohnmächtig und schwach in der Welt und gerade und nur so ist er bei uns und hilft uns.
Christsein heisst nicht in einer bestimmten Weise religiös sein, aufgrund irgendeiner Methodik etwas aus sich machen (Sünder, Büsser, oder Heiligen), sondern es heisst Menschsein, nicht einen Menschentypus, sondern den Menschen schafft Christus in uns. Nicht der religiöse Akt macht den Christen, sondern das Teilnehmen am Leiden Gottes im weltlichen Leben.

– Hans Ruedi Weber in «Und kreuzigten ihn. Meditationen und Bilder aus zwei Jahrtausenden». Göttingen 1979

Christen und Heiden

Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
Flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
Um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott ihn Seiner Not,
Finden ihn arm, geschmäht ohne Obdach und Brot,
Sehn ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinem Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
Sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
Stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
Und vergibt ihnen beiden.

Dietrich Bonhoeffer

Gebetswoche zur Covid-19-Pandemie

Die Mennonitische Weltkonferenz (MWK) ruft gemeinsam mit andern weltweiten ökumenischen Einrichtungen zu einer Gebetswoche zur Covid-19-Pandemie auf, vom 22. bis zum 27. März.

Die Woche soll eine Zeit des Gebets und des Nachdenkens sein, sowohl über die Klagen, die wir während dieses Jahres beispiellosen Leids erhoben haben, als auch über die Hoffnung, die wir gleichwohl nicht verloren haben. Es war aber auch ein Jahr, in dem die Kirchen völlig neue Wege in ihrer Zusammenarbeit gegangen sind, um ihre Gemeinschaften auf diese mentale, körperliche, ökonomische, spirituelle und ökologische Krise einzustellen, ihr zu begegnen und die Menschen durch diese schwere Zeit zu begleiten.

Die Gebetswoche wird gemeinsam mit den ÖRK-Mitgliedskirchen und den ökumenischen Partnern begangen und verwendet Gebete und spirituelle Materialien, die als Antwort auf die Pandemie erarbeitet wurden.

Materialien zur Gebetswoche

Weltgebetstag

Der Weltgebetstag Schweiz ist Teil einer weltweiten Bewegung von Frauen aus vielen christlichen Traditionen. Jedes Jahr am ersten Freitag im März kommen sie zum Feiern eines gemeinsamen Gebetstages zusammen. Durch die Gemeinschaft des Betens und Handelns sind die Frauen in vielen Ländern auf der ganzen Welt miteinander verbunden.

Hier geht’s zur Website des Weltgebetstages Schweiz

«Auf festen Grund bauen»

Eine Feier findet statt in Saignelégier am Freitag, 5. März um 20 Uhr. Die Anzahl TeilnehmerInnen ist beschränkt.

Ökumenische Feier zur Woche der christlichen Einheit

Das Thema der diesjährigen Gebetswoche für die Einheit der Christen lautet:

Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen

(vgl.Joh15,5-9)

Die Texte dazu wurden vorbereitet von den Schwestern der Gemeinschaft in Grandchamp, Areuse.

Dieser Link führt zum Dokument, welches erarbeitet worden ist zur Woche der christlichen Einheit. Die Liturgie für die Feier beginng auf Seite 7.