Mit den Händen beten

Predigt zum 1. November 2020 von Hans Oppliger

Liebe Gemeine, liebe Freunde

Für heute habe ich mir ein paar Gedanken zu unseren Händen gemacht.

Wir haben ja das Thema Gebet.

Beim Beten spielen die Gedanken, die Worte, aber auch die Gestik, und dazu gehören unsere Hände, eine Rolle.

Beim letzten ökumenischen Gottesdienst in Le Noirmont habe ich meine Hände betrachtet, sie gefaltet und bemerkt, dass man sie so falten und anders falten kann.
Eigentlich ging es bei diesem Gottesdienst gar nicht um die Hände, sondern eher um die Schöpfung, und dass wir zu ihr Sorge tragen sollen.

Doch irgendwie kreisten meine Gedanken um meine Hände.
Ich wusste, für die Andacht vom 1. November werde ich dieses Thema nehmen.

Ich habe meine Hände gefaltet, anschliessend habe ich sie andersrum gefaltet, und ich habe sie ganz neu gespürt.
Es war, als ob ich nicht meine eigenen Hände gefaltet hätte, sondern, es war als ob ich jemanden anderem seine Hand gespürt hätte.

Jemand anderem seine Hand gehalten hätte.
Auch wenn ich alleine an meinem Platz gesessen bin.
Ich konnte also für jemanden beten und ihm gleichzeitig auch noch die Hand halten und das alles ganz Corona konform.

Wäre das nicht etwas schönes, wenn wir ab und zu, beim Beten nicht nur für jemanden anderes beten würden, sondern das auch fühlen würden: Jetzt halte ich die Hand von jemand anderem?

Beim Beten spielen die Gedanken, Worte, aber auch die Gestik, und dazu gehören unsere Hände, eine Rolle.

Wir können mit der Gestik erwartend, aber auch anbetend beten. (Hände in die Höhe halten)
Wir können mit der Gestik auch demütig und konzentriert beten. (Hände in den Schoss legen)

Wir können aber auch ganz ohne spezielle äussere Gestik, bei der Arbeit, in der Freizeit oder beim Ruhen beten.

Wir dürfen unsere Hände, und um diese geht es mir jetzt, beim Beten so halten, dass wir uns wohl fühlen und wie es unserer momentanen inneren Gefühlslage entspricht.

Manchmal bete ich aus Routine, vor dem Mittagessen und weiss kurze Zeit später gar nicht mehr, ob ich vorhin schon gebetet habe.

Manchmal schlafe ich beim Beten ein.

Bete ich auch für andere, und nicht nur für mich und mein Umfeld?

Bete ich überhaupt noch?

Bete ich, wenn ich denn bete, als Linkshänder oder als Rechtshänder?

Wenn ich auf Google «Betende Hände» eingebe, so kommt natürlich das Gemälde von Albrecht Dürer Betende Hände zum Vorschein.


Dieses Bild mag ein Kunstwerk sein, ist mir aber etwas fremd, da ich eigentlich nie mit offenen geeinten Händen bete.
Eine solche Händeposition erzeugt bei mir eine Spannung in den Fingern, welche ich als unangenehm empfinde. Es entspricht auch nicht meiner Gewohnheit.
Viel näher kommt mir das Bild von Otto Greiner:


Hier sind wirklich gefaltete Hände zu sehen.

Wenn ich von gefalteten Händen spreche, so kommt mir unweigerlich meine Einleitung in der Kapelle vom 2. Februar 2020 in den Sinn.

Damals habe ich von einem Text aus einem Liedervers gesprochen.

Lied Nr 1 aus unserem Gesangbuch: Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gefaltete Hände, drücken von mir aus gesehen genau eine solche Haltung aus.

Besonders ein Wort aus Vers 6 von diesem Lied hatte ich damals speziell erwähnt. Ja die Kinder durften anschliessend sogar noch eine kleine Bastelarbeit zu diesem Wort aus Vers 6 machen: Ein Blatt falten.
Dieses Wort beschreibt den Charakter, den wir uns aneignen sollten. Es heisst: Mache mich einfältig.
Ich meine einfältig nicht im Sinne von blauäugig oder geistig etwas beschränkt.

Nein, ich meine einfältig im Sinne von einfach, schlicht, aufrichtig. Genauso wie ein Blatt Papier, wenn es einmal gefaltet wird, eine klare Linie besitzt.

Das war anfangs Februar von diesem Jahr gewesen.
Also kurz vor der Zeit, wo Händeschütteln noch normal waren bei uns.

Mache mich einfältig.

Heute 9 Monate später, gefällt mir dieses Lied Nr. 1 immer noch.
Lies es doch jetzt gleich mal!
Speziell erwähnen möchte ich ein Wort aus Strophe 7: Herr, komm in mir wohnen…

Wohnen, Zuhause bleiben, home office, bekommt in dieser Zeit ein neues Gewicht.
Keine Hände schütteln auch.

Doch Zuhause die eigenen Hände falten darf man.
Ich lade Dich ein, beim Beten, immer wenn du für jemand betest und deine Hände faltest, so falte sie doch nicht wie gewohnt.
Falte sie um einen Finger verschoben.

So fühlst Du ganz konkret, in deiner Hand, die etwas fremdere Hand, für die Du jetzt betest.

Amen

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