Predigt von Erwin Röthlisberger, Mennoniten-Gemeinde Bern
Macht euch keine Sorgen um den nächsten Tag! Der nächste Tag wird für sich selbst sorgen. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last mit sich bringt. Matthäus 6, 34 Neue Genfer Übersetzung
Je älter ich werde, desto mehr liebe ich die Worte von Jesus, denn ich merke und erlebe, dass dahinter oft auch eine grosse Hilfe zum Gestalten für unser Leben steht. Er ist ja der grosse Erlöser, im geistlichen Bereich durch Karfreitag und Ostern, aber er will uns auch erlösen von unseren falschen Lebensmustern, befreien zu einem erfüllten Leben und das schon heute und jetzt in unserem Leben auf dieser Erde.
Im Vers oben lesen wir eine Anleitung zu einem befreiten Leben ohne unnötiges Sorgen und sich täglich Abmühen.
Der Vers stammt aus der Bergpredigt von Jesus, oder besser würde man ja sagen, aus seiner Lehre auf dem Berg, aus seiner Regierungserklärung, wie man in seinem Reich das Leben gestalten kann.
Es gibt dort noch andere Aussagen über das Nicht-Sorgen wegen Essen und Trinken, wegen der Bekleidung. Vielleicht beschäftigen uns aber gerade andere Dinge mehr als Essen und Trinken, z.B. Krankheiten, Beziehungskrisen oder die Frage, wie es weiter geht mit dem Versammlungsverbot.
Dieser Vers passt für mich deshalb auch gut in diese Corona Zeit. Sich nicht sorgen für den nächsten Tag heisst auch, sich nicht sorgen für die nächste Zukunft, wir dürfen gelassen sein, wissen, dass Gott ja alles in seinen Händen hält, auch ein jedes von uns. In aller Gelassenheit halten wir uns aber auch an die Empfehlungen vom BAG, sonst wären wir nicht weise.
Zu Beginn der Pandemie haben wir erlebt, wie es plötzlich Hamsterkäufe gab. Alles Ermahnen von den Grossverteilern und Geschäften, es habe genug Ware in den Lagern, auch morgen noch, dass wir uns nicht sorgen müssen, es habe dann plötzlich nichts mehr, all diese Aufrufe nützten nicht bei allen, aus Sorge für morgen wurde gehamstert.
Waren es Angstkäufe oder Käufe aus Vorsorge, aus purem Egoismus?
Auf jeden Fall zeigte es nicht Freiheit und Gelassenheit, kein sich Nicht-Sorgen zu müssen für morgen.
Ich denke, dass Jesus mit seiner Aussage auch nichts gegen eine gesunde Vorsorge, gegen ein Leben mit gesunder Vorratshaltung hatte. Es geht ihm darum, dass wir befreit von Ängsten und Zwängen leben dürfen, im Vertrauen, dass der Vater im Himmel weiss, dass wir das alles brauchen, Essen und Trinken.
Sich nicht sorgen für morgen beinhaltet auch noch ganz andere Bereiche im Leben als Essen und Trinken. Als bald 75 Jahre alter Mann gehöre ich eindeutig zu der Risikogruppe der Menschen, denen das Corona Virus schwer zusetzen kann, da gibt es nichts zu beschönigen. Trotzdem muss ich mich nicht für den morgigen Tag sorgen, wie Jesus sagte. Dieses Angebot nehme ich gerne an und es geht mir damit auch gut.
Sich nicht sorgen zu müssen, gelassen und getrost zu leben ist ein grosses Geschenk, das wir annehmen dürfen und dazu fordert uns Jesus auf, der Sohn Gottes, nicht irgendeiner! Ich weiss aber auch, dass es auf dieser Erde viele Menschen gibt, für die ein so gutes Leben, wie ich oder wir es leben dürfen, nicht möglich ist, gerade in dieser Zeit, denn sie wissen wirklich nicht, was sie morgen essen und trinken werden, wo sie Hilfe erhalten, wenn sie krank sind.
Dieses Wissen geht oft wie ein Schatten über mein Wohlergehen, diese Menschen tun mir so leid und ich fühle mich hilflos. So will ich mir immer bewusst sein, wie gut ich es habe. Dies führt mich täglich zum Danken, zum Dankbarsein
Dazu werden wir auch aufgerufen in der Bibel:
Seid dankbar in allen Dingen, denn das ist der Wille Gottes für euch. – 1.Thessalonicher 5,18 Lutherübersetzung
Interessant ist, Jesus selber ruft uns nicht auf, dankbar zu sein, das erstaunt mich selber. Dass er jedoch dankbar war, das sehen wir in seinem Leben, zum Beispiel wenn er beim Brotbrechen vorher immer ein Dankgebet spricht. Ich darf wohl sicher sein, dass er in seinen persönlichen Gebeten seinem Vater auch für vieles Danke gesagt hat.
Zum Dank aufgerufen werden wir im obigen Vers, dankbar sein in allen Dingen, das sei der Wille Gottes für uns.
Das tönt ja gut, aber hier dürfen wir auch ganz ehrlich auf uns blicken, oder wenigstens ich auf mich. Wie wenige Sorgen braucht es, wie wenige Probleme, in denen wir stecken, und der Dank bleibt uns auch im Halse stecken! Dann ist uns nicht mehr zum Danken zu Mute, kreisen ganz andere Gedanken in uns, Gedanken der Sorge, des Unmutes, der Frage, wie es weitergehen soll. Hier kommt der seelsorgerliche Aufruf von Jesus uns zu Hilfe.
Euer Vater im Himmel aber weiss, was ihr braucht. Vers 32 So steht es in einem Vers neben dem oben erwähnten.
Legt alles in Gottes Hand, was euch belastet oder was ihr nicht selber lösen könnt. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last mit sich bringt. (Vers 34)
Im Psalm 131 haben wir gelesen:
Still dürfen wir sein, so wie ein sattes Kind im Arm seiner Mutter.
So ruhig und zufrieden dürfen wir sein, ein schönes Bild für uns, so also ist Gott, er trägt uns in seinem Arm!
Ich komme nochmals zurück zum Aufruf dankbar zu sein.
Gerade in unserer Zeit der Pandemie Covid 19. da spüre ich Dankbarkeit für so vieles, das ich vorher als völlig normal betrachtete. Es machte mich wohl sensibler, lässt mich mehr wahrnehmen, ganz einfache Dinge werden plötzlich so schön, lösen in mir ein Gefühl der Dankbarkeit aus. Ich bin so frei und nenne persönlich einige Dinge und lade euch ein, dass ihr euch fragt, was in euch Dankbarkeit auslöst:
- Der Ort, wo wir leben dürfen, er ermöglicht uns trotz dem Aufruf «Bleiben sie zu Hause» in unserer Umgebung wie zu Hause spazieren zu gehen.
- Der Frühling mit dem schönen Wetter, den blühenden Blumen.
- Dann erleben, wir sind nicht allein, auch wenn wir viel allein sind, fühlen wir uns verbunden mit der Familie, welche für uns z.B. den Einkauf macht.
- Die Verbundenheit mit euch Geschwistern in der Gemeinde, durch Telefonanrufe, durch die Predigtunterlagen für jeden Sonntag.
- Für die Gewissheit in Gottes Hand zu sein, gerade in dieser Zeit.
- Hier ist Platz, damit ihr eure Dankbarkeit in Worte fassen könnt:
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Ich lade euch ein, bewusst das zu suchen, was euch guttut, was euch zur Dankbarkeit führen kann. Das ist eine Hilfe für unser inneres Leben, auch für unser Glaubensleben. Dann bewusst Gott dafür Danke sagen, unterwegs oder im stillen Kämmerlein. Bewusst Jesus Danke sagen für seine Freiheit, die er uns gebracht hat, eine allumfassende Freiheit.
So wird unser Leben reich und gesegnet sein.
Gebet
Lieber Vater im Himmel, wir haben so viel Grund dir zu danken, für deine Güte zu uns, die nie aufhört, für deine Liebe zu uns, die wir in Jesus Christus erfahren dürfen. Wir danken, dass du für uns sorgst, uns trägst in deinen Armen. Sei mit allen unseren Geschwistern weltweit, Hilf denen, die keine Hilfe von Menschen erhalten, sei du ihr Helfer und Tröster. Dich wollen wir ehren und anbeten, jetzt und alle Zeit Amen